Sonntag, 6. Juni 2010

Verkleiden

Sie ging gerne ins Museum. Sie stand gerne vor den Glaskästen unter denen sie die wertvollen Exponate verwahrten und betrachtete sich selbst. Sie dachte an ihre Träume, wie nah und aufschlussreich sie ihr erschienen waren, als sie erwachte und wie fern und fremd sie jetzt schienen. Sie dachte an den Schein und daran, wie er die Wirklichkeit ausschloss. Sie dachte an sich und wie sie dastand vor diesem Glaskasten, sich selbst betrachtend und das alles, was bislang über sie gesagt worden war nichts war, außer Schein.
Sie dachte an die Reisen, an Schiffe und Wasser. Daran, wie sehr sie sich nach der Ferne sehnte und wie jemand sie angelächelt hatte, um ihr zu sagen auch dort träfe sie nur sich selbst. Ja, aber in ganz anderer Verkleidung hatte sie gerufen. Das macht es doch erst schön, dass wir uns verkleiden, dass das ganze Leben sich verkleidet. So sehr und so lange, bis wir es nicht mehr sehen.
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Sonntag, 16. Mai 2010

...

Vor dem Reisebüro an der Ecke liegt ein Hund und liest den Vorbeigehenden ihre Wünsche aus den Augen. Sie gehen erleichtert weiter und der Hund schleicht erschöpft wieder rein.
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Montag, 10. Mai 2010

Die Muster der Wirklichkeit

Einer sagt und ein anderer denkt es zu Ende. In der Mitte häuft sich Luft auf Tapeten. Tapeten, die gehen können. Füße, Hände, Stoffballen. Nur die Knöpfe als Augen haben sie vergessen. Ich war auf diese Art blind, d.h. dass mich zutiefst langweilte, was ich schrieb.
Die Dinge drehen sich im Kreis, ohne einander zu begegnen. Die einen glauben an Kunst, die andern machen sie, weil sie am Leben verzweifeln mit diesen Regeln von Kreisen, die sich drehen ohne sich jemals zu schließen. Spirale, nicht Kreis. Trotzdem rund, und wenn man anfängt Antworten zu suchen, sollte man vielleicht aufhören zu Fragen zu stellen. An sich! Und sie nur noch an die Welt richten. Das ist einen Standpunkt beziehen, von dem man wissen kann, der Ausblick ist begrenzt, aber klar und deutlich, statt ständig den Kopf zu wenden und alles verschwimmt. Was ist Wahrheit und was sind Gedanken? Und das sind die Muster aus denen man Wirklichkeit webt.
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Mittwoch, 5. Mai 2010

Vom Lieben

Im Café sitzen, den Kaffee vor der Nase, den Platz am Fenster mit Blick auf die Nebenstraßen. Eigentlich gar nichts tun wollen, nur ab und zu einen Blick auf die Preisschilder vom Blumenladen, die der Wind auf den Weg treibt und dann diese Frage stellen; „Woran merken Sie, dass Sie jemanden lieben?“ Irgendjemandem diese Frage stellen und sich dann freuen über den entgeisterten Blick, ertappt, verunsichert, ärgerlich, und nur der sehr junge, frisch verliebte Mann mit einem Strahlen auf den Lippen und dann hält er einem den Zettel entgegen: Ich bin taubstumm. Bitte helfen Sie mir. Jetzt ist man selbst verunsichert und fragt ihn: „Was soll das bedeuten?“ Und er lacht und holt einen Zettel aus der Tasche. Darauf steht: Ich habe Hunger. Aber er dreht ihn um und schreibt: Aber lesen kann ich. Sogar in den Gesichtern. Und deswegen weiß ich, dass ich jemanden liebe.
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Mittwoch, 28. April 2010

Vom Träumen

Es ist schon seltsam, wie das Leben mit mir umspringt und dabei mag ich es doch, das Leben, nicht wie es mit mir umspringt. Ich habe von B.W. geträumt. Ich traf sie auf dem Weg zu einer Party. Sie wollte zur Party, ich nicht. Ich erinnerte mich gut an sie, sie sich kaum an mich. Ich fragte, was aus ihr geworden sei. Ich fragte: Hast du zu Ende studiert? (Warum stellte ich so dämliche Fragen im Traum?) und sie antwortete, sie sei eine geborene Plastikerin. Die Anfragen kämen von überallher. Sie habe nicht viel Zeit. Sie sei hier zwischen ihren zwei Jobs. Was der zweite Job war und ob sie Kinder hatte, diese spießigen Fragen wurde ich nicht mehr los, weil der Wecker klingelte.
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Montag, 26. April 2010

Vom Lesen

Ich hatte dieses Buch gelesen von Miriam Meckel: Brief an mein Leben. Eine Zeitlang hatte ich geglaubt, es bringt mir etwas bei. Weil ich immer glaube, Dinge, Geschichten, in denen ich mich wiederfinde, bringen mir etwas bei. Weil ich das immer verwechsele: Das Lernen mit der Beruhigung. Als wäre es einerlei. Zwei Seiten der selben Medaille.
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Sonntag, 11. April 2010

traumtropfen

ich bin die frau, die niemals träumt, weil mein ehrgeiz mir träume verbietet. statt dessen eigne ich mir die träume der anderen an. ich nehme die träume der näherin aus anne sextons gedicht. sie träumt nicht von nadel und faden, nicht von ihrem sohn, nicht einmal davon ein gesicht zu haben, oder von einer aufgeschrieben zu werden, die sich wirklich nichts davon verspricht. (womit wir wieder an diesem punkt wären, an dem ich über mich reden könnte. als wäre ich jemand, den es wirklich gibt und nicht nur dieses füllhorn von fragen, zu leicht für jegliches gewicht.)
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Mittwoch, 7. April 2010

von der schwerkraft

Womit ich dann schließlich den Durchbruch schaffte, war der Auftrag, eine schwedische Kurzgeschichte zu schreiben. Niemand würde sie beurteilen können, ich konnte kein Schwedisch und also konnte ich schreiben, was ich wollte, ohne mir vorher zu überlegen, ob es mir gefiel.
Seltsam, dachte ich, dieses Fallen; Gefallen, auffallen, verfallen, einfallen - das zieht einen alles nach unten. Schwerkraft vermutlich und dann kann man wohl nichts anderes schreiben als Texte um Nichts, oder eine schwedische Kurzgeschichte, wenn man kein Schwedisch beherrscht.
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